„Ein Sommer auf der Alm: Teil der Gemeinschaft und nicht nur Tourist“

Den Urlaub als Sennerin auf einer Alm zu verbringen, war für Leo aus Frankfurt ein Wunsch der in Erfüllung ging. Ich treffe Leonie auf der Wenneberger Alm, auf rund 1400 Meter Seehöhe und ganz im Westen von Kärnten. Seit einer Woche steht sie morgens um fünf Uhr früh auf, um Kühe zu melken und die zwei Schweine zu füttern. Untertags stellt sie Käse her und bewirtet Gäste.

Ist das Zille?

Katharina Tnka
Ein Sommer auf der Alm

Ein Herz und eine Seele

Katharina Tnka
Ein Sommer auf der Alm - die Unteralmhütte

Leben auf der Unteralmhütte

Mit strahlendem Blick kommt mir Leo entgegen, zeigt auf die Kuh mit zwei unterschiedlichen Hörnern und lacht: „Das ist Zille, zumindest glaube ich, dass sie so heißt. So ganz verstehe ich die hier aber immer noch nicht“. Eigenen Mozzarella hat sie heute schon gemacht, erzählt sie stolz. Jetzt weiß sie endlich, wie diese ganz unterschiedlichen Produkte aus Milch hergestellt werden. Denn die Fragen: Was ist eigentlich Molke, Topfen, Butter und Sahne? Wie wird aus Milch Käse und welche Arbeit steckt dahinter, waren eine Motivation, den eigenen Urlaub auf einer Alm zu verbringen. Dass Kühe ihre Lieblingstiere sind und sie ihnen hier so nahe sein kann, ist eine besondere Beigabe.

Milch, Topfen, Butter

In der Käserei, in der es schon gewöhnungsbedürftig riecht, erklärt Leo begeistert, wie die einzelnen Schritte funktionieren. Erst werde der Rahm von der Milch abgeschöpft, dieser Teil wird zu Butter und Buttermilch, der Rest zu Frischkäse, Topfen oder Mozzarella verarbeitet. Im Stall zeigt sie die Melkstation, zu der die Kühe zwei Mal am Tag gerufen werden. Und sie kommen wirklich, wenn man ihre Namen ruft. Draußen deutet Leo auf die Berge rundherum, benennt Gipfel, erzählt Geschichten der vergangenen Tage und weiß bei all dem, was sie erlebt hat, gar nicht so recht, wo sie anfangen soll.

In den Bergen bin ich gern!

Abendstimmung auf der Wenneberger Alm

Abendstimmung auf der Wenneberger Alm

Leo lernte Kärnten und die wunderschönen Berge bereits während ihres Studiums in Klagenfurt kennen, heute lebt sie allerdings in Frankfurt am Main. Bereits damals entstand der Gedanke, irgendwann nochmal ein anderes Kärnten kennen zu lernen. Sie wollte das Leben in den Bergen wirklich spüren und nicht wie sonst nach einer Wanderung am Abend wieder nach Hause fahren. Der Wunsch einen Ort zu finden, wo sie vielleicht sogar zeitweise als Teil der Gemeinschaft akzeptiert würde und nicht nur als Tourist gelte, hat sich hier für sie erfüllt. 

Du bist gut so, wie du bist!

Hüttenwirt Albert auf der Alm

Hüttenwirt Albert

Von ihrem ersten Telefonat erzählt auch Hüttenwirt Albert gerne. Er lacht: „Wie ich sie erkennen würde, wollte sie wissen“. Ich hab geantwortet: „Wenn du da bist, bist du halt da und dann werden wir uns schon kennenlernen“. Genau diese Art begeistert Leo. „Die Menschen hier holen dich gleich ab. Sie sind absolut bodenständig, ehrlich und authentisch. Da kann man gar nicht anders, als einfach nur man selbst zu sein.“ In der Stadt sei man manchmal zugeknöpft oder zu sehr darauf bedacht, was die anderen denken könnten. 

Hier oben auf der Alm zähle all das aber nicht. „Es spielt keine Rolle, wer du sonst bist oder was du im Leben machst. Es zählt nur,, wer und wie du jetzt gerade in diesem Moment bist.“ Eine erste Befangenheit lege man schnell ab, natürlich brauche man aber auch eine gute Portion Humor, um über Missverständnisse gemeinsam lachen zu können. „Alles ist hier oben viel direkter. Essen, direkt vom Tier, direkte Sprache, direkte Begegnungen. Zwischeninstanzen fallen dabei auf einmal weg“, meint Kat, eine Freundin aus Linz, die gemeinsam mit Leo die letzte Woche auf der Alm verbracht hat.

Ruf'n wir uns z'samm!

Blick auf die Karnischen Alpen

Blick auf die Karnischen Alpen

Außerdem kann man in den Bergen mit dem weiten Blick in die Karnischen Alpen den Alltag schnell hinter sich lassen und entschleunigen, erfahre ich von Leo. Wie sich Entschleunigung anfühlt, möchte ich wissen. „Das kann ich nicht genau sagen, aber wenn es sich einstellt, merkt man es. Man lässt die Zeit einfach Zeit sein. Sonnenauf- und untergang bestimmen dann den Tag“. Kärntner Ausdrücke wie: „Das geht sich aus. Ruf'n wir uns z'samm“ bekämen auf der Alm auch ein anderes Gewicht. Feste Zeiten, fixe Termine gibt es hier oben nicht, außer beim Käse. Hier ist das Einhalten genauer Zeit und Temperatur wichtig für das Endprodukt. Sonst verabredet man sich und wird sich schon über den Weg laufen. 

Einhundert und eine Geschichte

Die Kühe auf der Alm

Wie lockt man eine Kuh?

Die Geschichten, die man sich auf der Alm erzählt, spielen abseits von Geld, Wirtschaft und Trends. Es gehe um Erlebtes und um Weitergabe von Wissen. „In einer Zeit, in der Wissen überall und zu jeder Zeit abrufbar ist, hat die mündliche Weitergabe von Erfahrungswissen einen besonderen Wert“, findet Kat. Auch Hüttenwirt und Senner Albert kann den Wunsch, die freie Zeit auf einer Alm zu verbringen, gut nachvollziehen. Er kommt zwar aus der Gegend hier, war aber zwischenzeitlich 40 Jahre selbständiger Fliesenleger in Köln. Als er auf die Alm kam, lernte er viel von den Hirten hier oben. Heute gibt er das Wissen an Leute wie Leo weiter, die Lust haben, Neues zu lernen. 

Zeit spielt keine Rolle

Hut und Alm

Hut und Alm das passt gut

Immer wieder gibt es Situationen die verwundern. Jeden Sommer kommen mehrere Senner und Helfer auf die Alm, jedem erklärt Albert mit Engelsgeduld die einzelnen Arbeitsschritte. Mit dem städtischen Verständnis von Effizienz und Zeitersparnis, wirkt das manchmal verwunderlich. „Irgendwann habe ich mir gedacht, warum schreibt er das nicht alles mal auf, dann müsste er es nicht immer wieder erklären. Aber jetzt weiß ich, darum geht es hier nicht! Zeit spielt einfach keine Rolle“, sagt Kat. 

Dass da die eine oder andere Geschichte gefühlt zum 100sten Mal erzählt wird, gehört dazu. Dafür wird die Geschichte, wenn sie gut ist auch beim hundert und einten Mal genauso gefeiert, wie beim ersten Mal. Lockere Sprüche, Geschichten und Witze gibt es hier oben auf jeden Fall zu Genüge. Dafür sorgen auch die „Hålter“, die Rinderhirten, die auf ihren Kontrollgängen auch immer wieder gerne auf der Alm einkehren. Seit Leo und Kat hier sind, vielleicht öfter als sonst. 

Leo Kuh
© Kärnten Werbung

Ich komme wieder

 

Leo hat ihre Zeit auf der Alm sehr genossen, viel gelernt und den Alltag vollkommen hinter sich gelassen. Eines steht für sie fest, sie kommt wieder.

Das nächste Mal vielleicht auf einer noch abgeschiedeneren Alm als Hirtin.

 

...oder ich arbeite auf einem landwirtschaftlichen Betrieb, das sogenannte "Wwoofing" - Natur erleben auf dem Land

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Das Wetter heute, 29. März 2024